Luisa liebt ihre Tätigkeit als Mutter, Bäuerin und Büroangestellte. Sie stellt hohe Ansprüche an sich selbst. Sie möchte tagtäglich ihr Bestes geben und eine sehr gute Arbeit abliefern. Die Frau und Mutter steckt sich sehr hohe, oft überhöhte und unrealistische Ziele, die ihren Ressourcen nicht gerecht werden. Am Ende des Tages sind Luisas Erwartungen demnach selten erfüllt. Oftmals ist es nicht gut genug oder es war nicht schnell genug, was sie den Tag hindurch geleistet hat. Wenn sie einmal Anerkennung erhält, ist ihr innerer Kritiker sofort zur Stelle: «Es wäre noch besser gegangen», tönt diese innere Stimme. Für Luisa ist die Anerkennung anderer Menschen sehr wichtig. Im Büro möchte sie eine gute, engagierte Arbeitskraft sein, ihrem Partner möchte sie als Frau gefallen. Dies, indem sie ihm, wo sie nur kann unter die Arme greift. Für ihre Kinder möchte sie eine perfekte Mutter sein. Immer zugegen, alles in ihren Kräften Mögliche machend, um sie optimal zu unterstützen und zu begleiten. Sie liest den Menschen aus ihrem Umfeld fast jeden Wunsch von den Lippen ab, unterstützt hier, hilft dort. Ein «Nein», ist von ihr fast nie zu hören.

Luisa ist unter ständigem Zeitdruck, sie leistet pausenlos, rotiert von morgens bis abends. Manchmal weiss sie vor lauter Arbeit nicht, wo ihr der Kopf steht. Immer öfter kann sie nicht abschalten und hat deswegen schlaflose Nächte. Sie fühlt sich für ihre Leistung, die sie tagtäglich erbringt, nicht anerkannt und als Mensch nicht wahrgenommen und gesehen.

Konzentrationsschwierigkeiten tauchen vermehrt auf, sie fühlt sich immer öfter energielos und hat Stimmungsschwankungen. Es kommt häufiger zu Konflikten zwischen ihrem Partner. Auch im Büro fährt sie ihre Kollegen wegen jeder Kleinigkeit an.

Luisa verzichtet mehr und mehr auf ihre eigenen Bedürfnisse. Seit einiger Zeit geht sie nicht mehr zu den Singproben und sie meldet sich für den Sportabend fast jede Woche ab. Ihre Nacken- und Kopfschmerzen nehmen stetig zu und sie leidet zudem an Verdauungsstörungen. Einen Spaziergang für sich hat sie seit Wochen nicht mehr gemacht und, das vor drei Monaten angefangene Buch, wurde nicht um eine Seite weitergelesen. Luisa ist erschöpft, sie zweifelt an sich und ihrer verfahrenen Situation.

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Das Fass ist voll

Ein letzter Tropfen wird das Fass vermutlich zum Überzulaufen bringen!

Sehr viele Menschen laufen am Anschlag, ähnlich wie im Beispiel Luisas und im schlimmsten Fall endet dieser Zustand in der totalen Erschöpfung. Daher ist es sehr wichtig frühzeitig auf die mentale Gesundheit zu achten. Wie im Beispiel zu erkennen ist, gibt es innere als auch äussere Faktoren, die dazu führen können. Der Perfektionismus beispielsweise, gilt als innerer Faktor, eine hohe Arbeitsbelastung oder fehlende Anerkennung, werden zu den äusseren Faktoren gezählt. Es lohnt sich zu identifizieren, welche Faktoren für eine Belastung oder gar eine Überbelastung verantwortlich sind. Um die mentale Gesundheit beizubehalten beziehungsweise wieder zu erhalten, ist es wichtig, an sich und den eigenen Verhaltens- und Glaubensmustern zu arbeiten, sowie sich bewusst abzugrenzen und klare Entscheidungen zu treffen. Die eigenen Bedürfnisse zu erkennen und diese zu leben ist dabei von zentraler Bedeutung.

Menschen, die über eine mentale Gesundheit verfügen, erleben Zufriedenheit und Wohlbefinden. Sie können selbstbestimmt leben und ihren Beitrag an die Gemeinschaft leisten.

Ricarda Caderas dipl. Coach Supervisorin bso
www.potenzials.ch

Bündner Bauer
Dezember 2022