Beziehungen auf die Probe gestellt

Interview von Myriam Pelican, Redaktorin die Landfrau / Bündner Bauer

Vergangenes Jahr wurden wir – was die Gestaltung unseres Alltages unserer Arbeit aber vor allem auch unsere Beziehungen betreffend, – sehr auf die Probe gestellt. Kontakte konnten nicht mehr auf die gleiche Art und Weise gepflegt werden wie vorher. Neue Kommunikationswege müssen gesucht und die Beziehungspflege neu erprobt werden. Aber warum ist es so wichtig, Beziehungen zu leben und zu pflegen? Wie können wir, trotz eingeschränkter Nähe die Beziehungen aktiv leben und hegen oder gar neue Beziehungen aufbauen? Und was geschieht, wenn Beziehungen aufgrund der Distanz abbrechen? Mit diesen Fragen habe ich mich an Coach und Supervisorin Ricarda Caderas aus Luven gerichtet.

Ricarda, warum sind Beziehungen für uns Menschen so wichtig?

Ich bin ein geselliger Mensch. Darum ist mir der Austausch mit meinen Mitmenschen sehr wichtig. Daher hat mich das Thema Beziehungen schon immer interessiert und auch fasziniert. In meiner Diplomarbeit zum Coach und Supervisorin habe ich darum das Thema Beziehungsgestaltung gewählt. Beziehungen stehen nicht nur für mich im Zentrum, sondern gehören für alle Menschen zu den Grundbedürfnissen. Neben den körperlichen Bedürfnissen wie Essen, Schlaf usw. ist das Bedürfnis nach Sicherheit, nach Zugehörigkeit, Freundschaft, Anerkennung, Wertschätzung und Achtung zentral für uns Menschen. Diese sozialen Bedürfnisse sind unumgänglich, damit ein Mensch sein ganzes Potenzial entfalten und sich verwirklichen kann. Nach neurobiologischen Erkenntnissen entwickeln wir uns durch Beziehungen zu anderen Menschen. Nach dem Philosophen Martin Buber, sind durch Begegnungen – da wo hohe Präsenz und eine tiefe Zuwendung entsteht – Wachstum und Veränderung erst möglich. Durch das Zuhören des Gegenübers entwickeln und erkennen wir unsere Identität, wir finden uns selbst. Wir erfahren Sinn, wenn wir wertgeschätzt und anerkannt werden. Um die Grundbedürfnisse zu befriedigen braucht der Mensch Beziehungen.

Nach dem Neurobiologen Joachim Bauer aktiviert nichts die Motivationssysteme so sehr wie der Wunsch, von anderen gesehen zu werden, die Aussicht auf soziale Anerkennung, das Erleben von positiver Zuwendung. Kurz gesagt, wohlwollende Beziehungen machen uns zu anpassungsfähigen, flexiblen, empathischen, intelligenten, leistungsfähigen und zufriedene Menschen.

Was geschieht, wenn die Kontakte eingeschränkt werden, wenn der Mensch seine Beziehungen nicht leben kann?

Für die Mehrheit der Menschen bedeutet dies einen gravierenden Einschnitt. Es gibt Menschen, die von sich behaupten, dass sie lieber alleine sind und daher Kontakte meiden. Diese Menschen sind eine grosse Ausnahme. Sie haben möglicherweise schlechte Erfahrungen mit Mitmenschen gemacht oder sind vielleicht mit sich selbst und dem grösseren Ganzen so sehr verbunden, dass sie fast ohne soziale Kontakte auskommen. Für die meisten Menschen ist ein Leben ohne Kontakte nicht vorstellbar. Viele Menschen leiden in dieser Corona-Zeit, in der wir aufgefordert sind, die sozialen Kontakte einzuschränken, andere werden sogar krank. Es macht einen Unterschied, wenn man Beziehungen hat und diese, für eine gewisse Zeit nicht wie üblich leben kann und darf.

Das Gefühl der Verbundenheit ist nach wie vor vorhanden auch wenn man sich weniger oft sieht oder austauschen kann. Es gibt Menschen, die ungewollt sehr wenig Kontakt mit anderen Menschen haben, ganz zu schweigen wohlwollende Beziehungen haben. Für diese Menschen kann eine weitere Einschränkung der Kontakte verheerende Folgen haben. Es macht mich traurig daran zu denken.

Welche Möglichkeiten haben wir, unsere Beziehungen währende dieser Corona-Zeit zu pflegen?

In dieser Zeit ist es sehr wichtig die Beziehungen trotz allem nicht aus den Augen oder besser gesagt aus dem Sinn zu lassen. Glücklicherweise gibt es in unserer Zeit Telefon, Skype, Zoom, chats und e-mails. Eine weitere Möglichkeit ist es, sich für einen Spaziergang zu verabreden oder dann einen Besuch mit Maske zu machen. 

Hast du konkrete Tipps?

Ich möchte alle Menschen, ob jung oder alt ermutigen, diese Chance zu packen und die digitalen Möglichkeiten zu nutzen, sich mit vertrauten Menschen per Skype oder Zoom zu treffen.

Konkreter noch: Liebe Bäuerin, du kannst dein Netzwerk in der Corona-Zeit sogar vergrössern, indem du Teilnehmerin einer Online Inputgruppe für Bäuerinnen wirst, andere Bäuerinnen und Landfrauen kennenlernst, dich über Themen austauschst und mit Möglichkeiten und Impulse in den Alltag zurückkehrst.

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